Typisches engmaschiges Fachwerk des ausgehenden 18. Jahrhunderts in der Grafschaft Hoya |
Der Verlust: Mit dem Freilegen des alten Pastorenhauses von 1535 verlieren wir in Martfeld eines der wenigen ortsbildprägenden historischen Gebäude. Das kleine Fachwerkbauernhaus repräsentiert in seiner Ansicht den typischen Baustil, der über Jahrhunderte das Erscheinungsbild der Dörfer in der Region der ehemaligen Grafschaft Hoya prägte. Kräftige Holzquerschnitte formen den Hofgiebel von 1791, errichtet vom Tuschendorfer Zimmermeister Dietrich Heinrich Fiddelke. Die Gestaltung dieses Hofgiebels, der "Hof-Visitenkarte", markiert den Beginn einer neuen Gestaltung und Modernisierung von Bauernhäusern im bald ausgehenden 18. Jahrhundert.
Der Schmuck am Giebel mit der Inschrift ist sparsam gehalten – der Bauherr mit seiner Frau, Jahreszahl und Signatur des Zimmermeisters – und nicht farbig gestaltet, nur leicht betont durch einen dezenten lasierenden hellen Anstrich – vielleicht ja auch nur gekalkt. Alle Öffnungen im Giebel sind rein funktionell, nichts ist ohne Funktion. Die Summe aller optischen Elemente summiert sich zur Ästhetik ländlicher Baukultur in der Grafschaft Hoya.
Der Gewinn: Mit dem Entfernen der äußeren Hülle des Hauses im Eichenweg gewinnen wir ein Objekt, dass auch überregional ziemlich einmalig ist und bis jetzt nur hier bekannt ist. Diese noch spätmittelalterliche Hauskonstruktion aus den ersten Jahren der Reformation, Bauherr war der erste lutherische Pastor in Martfeld, wird ein Gewinn sein für die schwindende dörfliche historische Baukultur im Dorf.
Mit der Präsentation des Lebens der Pastorenfamilie und der Geschichte der Reformation auf dem Lande wird der Ort überregional in Fachkreisen für Aufmerksamkeit sorgen. Auch in Kreisen der Hausforscher sorgt die außergewöhnliche Fachwerkkonstruktion, errichtet inmitten der bäuerlichen Zweiständerhäuser mit ihren tief heruntergezogenen Strohdächern, jetzt schon für Aufmerksamkeit.
Hier nun der Rückblick über Abbau und Entkleidung dieses so bedeutenden Bauwerks:
In der Kreiszeitung wird der Beginn der Abbauarbeiten bekanntgegeben |
Wirtschaftsgiebel des in seiner Gestaltung
typischen Martfelder Bauernhauses …
… und die Ansicht von der Rückseite |
Beginn des Abbaus der Bauernhaushülle
Fundstücke: Backsteine mit Pfotenspuren |
Das Dach wird abgedeckt, leider landen die Pfannen von 1957 im Container |
Nur die Dachfläche des inneren Hauses mit den originalen Dchsparren von 1535 bleibt vorerst eingedeckt. |
Die Ausfachung des Kammerfachgiebels wird entfernt |
Immer wenn sich etwas tut, ist auch das Filmteam von „Cut in” auf der Baustelle. |
… und für den Wiederaufbau gesichert |
historischer Lehmputz |
… was nicht wiederverwertet werden kann |
Der freigelegte Giebel von 1535 im Abendlicht |
… weggetragen |
Balken für Balken wird demontiert |
Die Anbindung des Hausgiebels an das Altgerüst |
Blick durch das Groot-Dör-Gebinde auf den Hof |
Heinz Laue, der bisherige Eigentümer, staunt über den wiederentdeckten Giebelbalken mit der Inschrift "Anno dni 1535". |
Beim Einbau einer Küche in den 1930er Jahren wurden die Ständer abgesägt und hängen nun in der Luft. |
Der Bagger entfernt mit viel Gefühl die ca. 1930 errichteten Zimmerwände, die Deckenbalken sind mit Stützen abgefangen. |
Wiederverwendbares wird geborgen |
Wichtigstes Bauteil: Die Holznägel haben über Jahrhunderte alles zusammengehalten. Als Andenken können diese hier erworben werden – mit Echtheitszertifikat. |
Mit Stroh und Lehm verkleidete Deckenbohlen zum Schutz vor Funkenflug aus einem nach oben offenen Ofenrohr das den Rauch unter die Decke entließ. |
Die Außenhülle des Bauernhauses von 1791 wird eingelagert und kann für den Wiederaufbau beim Bau-Ing. Tassilo Turner erworben werden. |
Das „entkleidete” Haus das der erste Martfelder Pastor 1535 bauen ließ – oder was davon noch übrig ist – wartet auf die Restaurierung. |
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